Die Kommentarspalten sind voll von Hass und Beleidigungen, doch niemand tut was. Ist das noch Meinungsfreiheit?
Wie steht es im Gesetz?
Sich frei äußern und informieren zu können, ist die Basis unserer Demokratie. Doch nicht jede Aussage wird durch die Meinungsfreiheit geschützt. [1]
Zu dem Thema hat beispielsweise auch die Bundeszentrale für politische Bildung ein Video produziert. Dieses kannst du hier anschauen.
Meinungsfreiheit hört da auf, wo strafbares Handeln anfängt. Beleidigung, Verleumdung und üble Nachrede sind als sogenannte Ehrdelikte strafbar und können zur Anzeige gebracht werden. [2]
Wenn gegen Einzelne oder Gruppen wegen ihrer Herkunft, der ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit zu Hass und Gewalt aufgerufen wird, ist dies als Volksverhetzung (§ 130 StGB) strafbar. [3]
Vor allem folgende Artikel des Strafgesetzbuches sind oft relevant:
- § 130: Volksverhetzung
- § 131: Gewaltdarstellung
- § 185-187: Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung
- § 240-241: Nötigung und Bedrohungen
Auf der Webseite der gemeinnützigen Organisation HateAid findest du mehr Informationen zu den verschiedenen Straftatbeständen und den Begriffen, in denen diese im allgemeinen Sprachgebrauch umschrieben werden. Dort findest du auch rechtliche Hilfe, wenn du oder andere betroffen von Hass im Netz sind.
Hate Speech als Begriff ist kein juristischer. Gleichzeitig deckt sich das Phänomen mit verschiedenen Straftatbeständen. Mit den Folgen und Möglichkeiten, wie man hiergegen vorgehen kann, beschäftigen sich nicht nur die Rechtswissenschaft. Entsprechend vielfältig sind die Definitionen und Haltungen. Für diesen Post haben wir u.a. diese Quellen verwendet:
- das Bundesministerium der Justiz zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz
- die Organisation HateAid
- aus „Online-Hate Speech: Definition und Verbreitungsmotivationen aus psychologischer Perspektive“ Seite 52-56 von Josephine Schmitt
- No Hate Speech vom Verein Neue Medienmacher:innen
Und wie ist die Realität?
Die Aufklärung und Ahndung solcher Delikte ist nicht einfach. Seit 2017 soll das NetzDG die Verbreitung von Hass im Netz einschränken und nimmt dabei die Betreiber:innen von Plattformen in die Pflicht. [4]
Mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (kurz: NetzDG) von 2017 sollen Nutzer:innen sozialer Netzwerke sich besser gegen Hasskommentare wehren können. Um das möglich zu machen, werden die Anbieter:innen sozialer Netzwerke zunehmend in die Pflicht genommen.
Mit den letzten Änderungen von 2021 müssen die Netzwerke v.a.
- Berichte offenlegen, was gemeldet und was gesperrt wurde
- Nutzer:innen einfache Beschwerdewege bieten, aber auch den ursprünglichen Poster:innen die Möglichkeit zur Klarstellung bieten
- innerhalb von 24 Stunden „offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte sperren bzw. entfernen und innerhalb von sieben Tagen rechtswidrige Inhalte sperren bzw. entfernen
Mehr Informationen findest du z.B.
- beim Bundesministerium der Justiz (2021) über das Gesetz zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes
- oder bei der EU-Initiative klicksafe
Das Gesetz wurde in kürzester Zeit zwei mal überarbeitet, vor Gericht angefochten sowie rege in Politik und Gesellschaft diskutiert. [5]
- Daten werden massenweise von Netzwerken an die Polizei weitergegeben
- Plattformen sperren übervorsichtig Nutzer:innen
- Anzeige- und Beschwerdewege sind unbefriedigend [6]
2021 wurden das NetzDG und andere Gesetze durch das „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ ergänzt. Seitdem müssen Anbieter:innen sozialer Netzwerke strafbare Inhalte an das Bundeskriminalamt (BKA) melden.
Weitere Informationen findest du dazu beim Bundesministerium für Justiz:
Zum Teil besteht die Sorge, dass etwa die engen Zeitfenster zu Overblocking führen könnten. Also, dass Netzwerke ihre Gemeinschaftsrichtlinien verschärfen und auf deren Grundlage mehr Inhalte sperren oder entfernen als sie eigentlich müssten.
Netzaktivist:innen und Forscher:innen in Leipzig (Liesching et al.) sahen hierzu 2021 Anzeichen, jedoch ist die Datengrundlage noch zu klein. Die Beratungsstelle HateAid betont, dass die Änderungen des Gesetzes 2021 Overblocking entgegenwirken. Denn: User:innen können Sperrungen mittlerweile überprüfen lassen.
Tiefergehende Informationen findest du direkt
- beim Bundesministerium für Justiz
- in der Publikation von Liesching et al., 2021 Das NetzDG in der praktischen Anwendung
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